Denn auch dieser Berufsgruppe geht ein klassisches Bild voraus: Sie sitzen schreibend an einem großen, hübsch eingerichteten Schreibtisch, trinken Tee oder Kaffee und haben wochen- oder gar monatelang keinen Kontakt zur Außenwelt. Wenn das stimmt, wie schaffen Autor*innen es dann, ihre Bücher überhaupt an den Mann oder die Frau zu bringen?
Was bedeutet es, introvertiert oder extrovertiert zu sein?
Die Erklärung, dass Introversion, umgangssprachlich auch Introvertiertheit genannt, ein angeborenes Temperament ist, gefällt mir am besten. Introvertierte Menschen gewinnen neue Energie aus ihrem Inneren, indem sie sich zurückziehen und Zeit allein verbringen. Die Gegenwart vieler Menschen, z. B. auf einer Party, laugt sie hingegen aus. Das Gegenteil ist die Extroversion (wissenschaftlich korrekt: „Extraversion“).
Wichtig ist: Introversion ist keine Schwäche, auch wenn diese Eigenschaften in der Gesellschaft oft als „Schwäche“ oder „Makel“ abgetan werden. Introversion hat noch immer einen negativen Ruf, dabei ist sie genauso natürlich und daseinsberechtigt wie Extroversion. Oder anders gesagt:
Du bist okay so, wie du bist!
Vor allem im schulischen und beruflichen Alltag tun Introvertierte sich schwer, denn die dahinterliegenden Systeme sind auf extrovertierte Menschen ausgerichtet. Das merkt man zum Beispiel daran, dass introvertierte Schüler*innen, die sich nicht so häufig im Unterricht melden, mit schlechten mündlichen Noten bewertet werden. Auch müssen sich Introvertierte in Vorstellungsgesprächen aufgeschlossen und kontaktfreudig geben, weil sie sonst sofort aussortiert werden. Mal ganz abgesehen von Dingen wie Gruppenarbeit und Teambildungsmaßnahmen …
Einen Introvertierten aufzufordern, nicht so still zu sein, ist genauso unhöflich, wie einem Extravertierten zu sagen, dass er gefälligst die Klappe halten soll.
Sind introvertierte Menschen immer schüchtern?
Nein, denn zwischen Introversion und Schüchternheit gibt einen großen Unterschied. Schüchterne Menschen fürchten sich vor Ablehnung und sind deshalb ruhig und zurückhaltend. Introvertierte Menschen hingegen haben oftmals einfach kein starkes Redebedürfnis. Interessieren sie sich jedoch brennend für ein Thema und fühlen sich zudem in ihrer Umgebung wohl, dann können introvertierte Menschen zu richtigen Quasselstrippen werden. Schüchterne Menschen tun das in der Regel nicht. Obwohl Introvertierte häufiger zu Schüchternheit neigen, gibt es auch extrovertierte Schüchterne.
Sind Autor*innen oft introvertiert?
Das Talent zum Schreiben können sowohl Extro- als auch Introvertierte haben. Doch extrovertierte Menschen können im Gegensatz zu Introvertierten früher oder später auf ein Zeitproblem stoßen.
Warum? Nun, Schreiben ist kein Mannschaftssport. Ein*e Extrovertierte*r kann ein*e hervorragender*r Autor*in sein, aber um die „Batterien aufzuladen“, muss er/sie unter anderen Menschen sein – und kann in der Zeit nicht schreiben.
Introvertierte dagegen gewinnen noch an Energie dazu, wenn sie allein in einer ruhigen Atmosphäre vor der Tastatur sitzen. Da ist wieder das klassische Bild eines Autors oder einer Autorin. 😉 Introvertierte Menschen können also mehr Zeit auf das Schreiben verwenden, und werden darum schneller bessere Autor*innen.*
Man könnte sogar sagen, Schreiben ist die ideale Kunstform für introvertierte Menschen, weil die eigentliche Kunstausübung wenige bis gar keine Interaktionen mit anderen Menschen erfordert.
Hinzu kommt, dass das Rezept, um ein*e gute*r Schriftsteller*in zu werden, relativ simpel ist: jeden Tag lesen und schreiben und nicht nur Einkaufszettel. Etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, kleine Aufsätze oder Blogartikel.
Das gilt auch fürs Lesen. Große Autor*innen haben alles gelesen, was sie in die Finger bekommen haben, teilweise 12 Stunden am Tag. Klassiker werden meistens sogar mehrfach durchgearbeitet, wie etwa Susan Sontag anschaulich beweist. Sie hatte ein sehr ambitioniertes Literaturprogramm, welches sie regelmäßig von vorn begonnen hat: Susan Sontag’s Re-reading List | Radical Reads
Alles in allem ist der Alltag eines Schriftstellers oder einer Schriftstellerin kein Arbeitsprogramm, dem sich eher extrovertierte Menschen gerne unterziehen würden. Ich wage sogar zu behaupten, dass Extroversion eher schädlich für eine literarische Karriere sein kann.

Können introvertierte Autor*innen erfolgreich Bücher verkaufen?
Introvertierte Autor*innen können sehr erfolgreich sein, weil sie oft tiefgründige und nuancierte Geschichten schreiben, die die Leser*innen bewegen und berühren. Introvertierte haben zumeist die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und komplexe Charaktere zu entwickeln, die das Publikum fesseln.
Überdies können sich Introvertierte gut auf ihre Arbeit konzentrieren und sich in ihre Schreibprojekte vertiefen, was zu hochwertigen Inhalten führen kann. Sie haben auch eine Tendenz, gründliche Recherchen durchzuführen und sich intensiv mit ihren Themen auseinanderzusetzen, wodurch ihre Arbeit beispielsweise als besonders authentisch und glaubwürdig wahrgenommen wird.
Und es gibt viele Möglichkeiten, wie introvertierte Autor*innen ihre Bücher verkaufen können. Sie können etwa ihre Arbeit über soziale Medien und Online-Buchclubs bewerben, wo sie in einer ruhigen und kontrollierten Umgebung kommunizieren können. Sie können auch Lesungen und Buchvorstellungen organisieren, die speziell auf ein Publikum ausgerichtet sind, das ihre Art des Schreibens schätzt. Ebenso können sie sich mit anderen Autor*innen und Branchenexpert*innen vernetzen, um ihr Netzwerk zu erweitern und wertvolle Einblicke und Ressourcen zu sammeln.
Insgesamt gibt es keinen Grund, warum Introvertierte nicht erfolgreich im Vertrieb ihrer Bücher sein können. Indem sie ihre Fähigkeiten und Stärken nutzen, können sie hochwertige Inhalte erstellen und ihre Arbeit einem Publikum präsentieren, das ihre Art des Schreibens schätzt. Introvertierte Autor*innen können inspirierende, fesselnde und bewegende Geschichten erzählen und somit einen wichtigen Beitrag zur Literaturwelt leisten.
Möchtest du deine Geschichte schreiben und bist auf der Suche nach Inspiration? Vielleicht hast du Lust, mit einer introvertierten Lektorin in dein Schreibabenteuer zu starten? Dann schau dir doch meinen Artikel Schreib dein eigenes Buch an oder melde dich für meinen Newsletter an.
Hier kannst du dich direkt anmelden:

Hinweis:
Für die Übermittlung der im Formular eingegebenen Daten nutze ich den Anbieter SendinBlue.
Weitere Informationen zu SendinBlue findest du in meiner Datenschutzerklärung.
Strategien für den erfolgreichen Vertrieb als Introvertierte*r
Introvertierte sind also oft sehr tiefgründige, nachdenkliche Menschen, gute Zuhörer und noch bessere Beobachter. Aber sie benötigen Schutzräume und die Ermutigung, so sein zu dürfen, wie sie sind. Und sie müssen Strategien erlernen, sich als stille Menschen in dieser Welt zurechtzufinden. Wie das funktionieren kann, zeigt Matthew Pollard anhand seiner eigenen Geschichte als Introvertierter.
Sein Buch „Der Pfad der Introvertierten zum Verkaufen“ befasst sich dabei mit einem für stille Menschen sehr herausfordernden Thema: der Akquise, dem Vertrieb und dem Marketing. Gleich zu Anfang des Buches stellt er fest, dass „Introvertierte […] belangloses Gequatsche und Small Talk oft nicht ausstehen [können]. Sie reden viel lieber über in ihren Augen relevantere Dinge oder führen »bedeutsame Konversationen«, wie sie es ausdrücken.“ Eine Aussage, die ich als introvertierte Person absolut verstehen kann. Denn eins steht definitiv fest: Ich hasse Small Talk.
Das ist vielleicht auch der Grund für die weitverbreitete Annahme, Introvertierte könnten im Vertrieb nicht erfolgreich sein. Doch diese Annahme ist ein Mythos, was Matthew Pollard mit seinem Buch eindeutig untermauert. Dabei ist ihm bewusst, dass „[…] gerade für Introvertierte […] der Gedanke, ihre eigenen Dienstleistungen anzupreisen und unter die Leute zu bringen, nicht nur unangenehm [ist], sondern schrecklich […] lähmend sein [kann].“ Doch woher kommt diese Einstellung, dieses Mindset? Vermutlich haben wir, wenn es um das Thema Verkaufen geht, den „klassischen“ Vertriebler, also eine extrovertierte Person vor unserem inneren Auge und gehen einfach davon aus, dass dies die einzig richtige Herangehensweise ist, um erfolgreich zu verkaufen. Doch „Introvertierte wie wir wollen mit so wenig Fremden wie möglich sprechen. Wenn es um den Vertrieb geht, dann wollen wir nicht mehr tun, sondern weniger.“ Absolut verständlich, oder?
Doch im Gegensatz zu dem, was seitens der Gesellschaft propagiert bzw. angenommen wird, haben die stillen Menschen nach Pollard beim Thema Verkaufen eine große Stärke: „Introvertierte sind großartige Zuhörer, und sie konzentrieren sich mehr auf das, was der Kunde wirklich sagt.“
Seiner Meinung nach sind introvertierte Menschen aufgrund ebendieser Stärke hervorragende und vor allem unterschätzte Verkäufer*innen. Was ihnen aber oftmals fehlt, ist die Strategie. Und diese Strategie gibt er den Leser*innen seines Buches mit ausführlichen Beispielen sowie Tipps und Tricks zur Umsetzung an die Hand.
So erklärt Pollard in seinem Buch, wie er durch seine Jahrelange Erfahrung im Vertrieb einen Plan mit 7 Schritten entwickelt hat, die jede*n Introvertierte*n zu einem Verkaufsprofi machen. Er schlägt sogar vor, diese 7 Schritte für Akquise bzw. Vertriebsgespräche niederzuschreiben und neben das Telefon oder den PC zu legen und diesem „Fahrplan“ relativ engmaschig zu folgen. Als ich das gelesen habe, hat mein Herz einen kleinen Hüpfer gemacht: Kann es wirklich so „einfach“ sein? Brauche ich nur diesen 7-Schritte-Fahrplan und schon kann ich meine Dienstleistungen verkaufen, ohne klassisches Vertriebler-Verhalten an den Tag legen zu müssen? Was soll ich dir sagen? Heute liegt ein solcher Fahrplan auch neben meinem PC, bereit, ihn beim nächsten Gespräch einzusetzen und einen weiteren Beweis dafür anzutreten, dass Introvertierte die besseren Verkäufer*innen sind.
Insgesamt ist es wichtig zu verstehen, dass Introvertiertheit kein Hindernis für den Erfolg als Autor*in ist. Im Gegenteil, es kann sogar ein Vorteil sein, da introvertierte Autor*innen oft besonders gut darin sind, ihre Leser*innen zu verstehen und zu erreichen. Mit der richtigen Herangehensweise können auch introvertierte Menschen wahre Verkaufsprofis werden!
„Einen reinen Introvertierten oder Extrovertierten gibt es nicht. Eine solche Person
würde in der Irrenanstalt sitzen.“Carl Gustav Jung
Wie viel Prozent der Menschen sind introvertiert?
Forscher schätzen, dass etwa 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung introvertiert sind. Du auch?
Das kannst du im Selbsttest von Ricarda Colditz, der Verlegerin und Übersetzerin der deutschen Bücher von Matthew Pollard, herausfinden. Bei einer Veranstaltung des BDÜ hat Ricarda ausführlicher über Introversion und Extraversion gesprochen und auch einen kleinen Selbsttest für die Zuhörer*innen eingebaut.
In diesem Video erklärt Ricarda auch, dass Menschen nicht nur extrovertiert oder introvertiert sind, sondern dass es auch etwas dazwischen gibt: ambivertierte Menschen.
Ambivertierte Menschen weisen sowohl Merkmale von Introversion als auch Extroversion auf. Egal, ob du nun eher introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert bist, am Ende haben wir alle ein bisschen etwas von allen Temperamenten. Und egal, welches Temperament bei dir besonders stark ist, es hält dich sicher nicht davon ab, ein*e gute*r Autor*in zu werden. Auch das hat Matthew Pollard mit seinen Büchern bewiesen.
Deine
Sabrina
Weitere Buchempfehlungen
Neben den Büchern von Matthew Pollard aus dem Verlag Colditz kann ich ebenfalls „Still“ von Susan Cain und „Die Macht der Stille“ von Sophia Dembling empfehlen.
*Die mit einem * markierten Links sind Affiliate-Links, d. h., wenn du darüber etwas kaufst, bekomme ich eine kleine Provision. Für dich erhöht sich der Preis dadurch nicht. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.